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Wohnsitznähe einer Gesundheitseinrichtung ist nach einer Studie erneut Streitgegenstand geworden

Aktuelles Gesundheit

Wieder einmal werden die Gemüter unserer Mitglieder und Bürger durch einen bereits seit Jahren bestehenden Vorschlag zur Halbierung bzw. Verringerung der Zahl der Krankenhäuser erhitzt. Aus einer vorliegenden Bertelsmann-Studie geht hervor, eine Halbierung der Krankenhäuser in Deutschland anzustreben.

Auf den ersten Blick bedeutet dies einen radikalen Vorstoß. Verständlich ist, dass viele Patienten den Wunsch zu einer wohnortnahen ambulanten bzw. stationären Behandlung haben. Hierbei darf aber nicht die Nähe das zentrale Kriterium sein, insbesondere wenn es um Gesundheit geht. Viel wichtiger ist eine hohe Behandlungsqualität mit barrierefreien Standards. Letzteres besonders für Menschen, die zu ihrer Mobilität zwingend auf die Benutzung eines Hilfsmittels angewiesen sind. Hinzu kommen Spezialexpertisen. Die Gesundheitspolitiker kennen diese Probleme seit Jahren. Alle Versuche, das System umzubauen, sind bisher gescheitert. Daran ändert auch die Bertelsmann-Studie nichts. Die Mammut-Aufgabe bleibt: Es müssen sinnvolle Konzepte zu einer hochwertigen medizinischen Grundversorgung mit schlanken Strukturen in der Fläche ermöglichen, anderseits jedoch sollten viele schwierige Behandlungen in spezialisierten Zentren gebündelt werden. So kann nicht hingenommen werden, dass 10 Jahre nach Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention bei Krankenhauseinweisung eines an die Nutzung eines Rollstuhls angewiesener Patient ein Mehrbett-Patientenzimmer erst von 1-2 Betten beräumt werden muss. Hinzu kommt, dass die zum Patientenzimmer gehörende Sanitäreinheit aufgrund baulicher Barrieren nicht genutzt werden kann. Oft und gern wird dann auf die auf den Stationen vorhandene Sanitäreinheit verwiesen und dann stellt sich heraus, dass auch diese erst einmal beräumt werden muss.

Am 21.03.2019 haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in ihrer Düsseldorfer Erklärung daher zu Recht die Barrierefreiheit als Standard im Gesundheitswesen neben einer spezialisierten Versorgung erwachsener Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen und die Finanzierung von Assistenzleistungen während eines Krankenhausaufenthaltes eingefordert.

Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (hier: Artikel 25) ist mit der Ratifizierung durch die Bundesrepublik geltendes Bundesrecht geworden und da kann und darf es kein weiteres Zögern geben.

Joachim Heinrich
Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses
Landesverband Mitteldeutschland